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Spielzeit 19/20

Das verbindende Motiv der Spielzeit 2019/20 ist Teilen. Von Teilhabe bis Spaltung, von Hingabe bis Trennung gehen wir der Frage nach, was uns verbindet und was uns trennt. Oft sind Teilungen das Resultat einschneidender Ereignisse, nicht selten ihre Ursache.
Solche Ereignisse begegnen uns in der nächsten Spielzeit in unterschiedlicher Form. Wie in einer Versuchsanordnung beschreibt Albert Camus in Die Pest eine Gesellschaft im Kampf gegen eine Epidemie und hält dabei ein flammendes Plädoyer für eine pragmatische Solidarität. In Die Mutter aller Fragen oder 25 Rollen, die eine Frau niemals spielen sollte kommt die weibliche Stimme in der Literatur zu Wort: Wer schweigt, wer spricht, wie viel und in wessen Auftrag? Unser Familienstück Die Reise nach Brasilien von Daniil Charms wird ein turbulentes Roadmovie auf fantasievollem Kollisionskurs mit der Realität. Mit dem Rechercheprojekt Parade 24/7 spüren wir auf Basis von Interviews, Zeugenaussagen und Protokollen der Katastrophe bei der Loveparade 2010 in Duisburg nach. Und schließlich begegnen wir in der Produktion NISCHEN verschiedensten gesellschaftlichen Gruppen und Communities der Moerser Stadtgesellschaft. Die Gespräche werden zu einem Audiowalk verdichtet, der durch das Wallzentrum führt. 

Ab dem Ende 2019 wird das 1975 im Gründungsjahr des Schlosstheaters eröffnete Einkaufszentrum Wallzentrum unter dem Titel Das W – Zentrum für urbanes Zusammenleben zum Mittelpunkt eines umfangreichen Projektvorhabens. Im Rahmen des Förderprogramms „Neue Wege“ erhalten wir vom Ministerium für Kultur und Wissenschaft NRW die Möglichkeit, das Wallzentrum drei Jahre lang mit kulturellen und künstlerischen Mitteln zu beleben. Dazu laden wir Expert*innen aus den Bereichen Architektur, Soziologie, Design und Kunst ein und kooperieren mit sozialen und kulturellen Einrichtungen, um gemeinsam mit den Menschen, die dort leben und arbeiten, Perspektiven urbanen Zusammenlebens neu zu denken, zu entwickeln und zu erproben. 
Die Inszenierung der Erzählung Lenz von Georg Büchner kam auf Grund einer glücklichen personellen Konstellation zusätzlich ins Programm und hatte am 5. Juni in der Kapelle coronabedingt vor 12 distanziert sitzenden Zuschauer*innen Premiere. Der Schauspieler Roman Mucha spielt darin körperlich und sprachlich virtuos die Figur des Sturm und Drang-Dichters Lenz im Dialog mit der Schlagzeugerin Mariá Portugal, der Improviserin in Residence 2020. Die Aufführung ist eine Kooperation mit dem moers festival und wird in die kommende Spielzeit übernommen. 

Durch den coronabedingten Shutdown durfte das Schlosstheater ab dem 13. März nicht mehr spielen und musste in der Folge alle geplanten Vorstellungen bis Ende Mai absagen. Besonders schmerzhaft war die Absage des bereits vollständig geplanten 28. Kinder- und Jugendtheaterfestivals Penguin’s Days vier Tage vor seiner Eröffnung. 

Nach einem Moment der Schockstarre wurden vom gesamten Team mit viel Einfallsreichtum alternative coronataugliche Ersatz-Formate entwickelt, u.a. ein Online-Spielplan, in dem Video-Mitschnitte vergangener Inszenierungen auf der Homepage und der Facebook-Seite des Schlosstheaters, aber auch auf der Seite des Online-Theaterfeuilletons Nachtkritik zu sehen waren. Die Live- Streams auf Facebook wurden von Live-Chats mit dem Ensemble begleitet, um das Gemeinschaftserlebnis Theater so gut wie möglich in den digitalen Raum zu übertragen. Zudem drehte das Ensemble kleine Videofilme, um mit unserem Publikum via Facebook weiterhin in Verbindung zu bleiben. 

Die Spielzeit 2019/20 wurde überschattet vom plötzlichen Tod unseres langjährigen Ensemblemitglieds, Schauspielers und Regisseurs Frank Wickermann, der am 2. April 2020 im Alter von 54 Jahren völlig unerwartet verstarb. Sein Tod hinterlässt eine große und schmerzhafte Lücke, die sich auf absehbare Zeit nicht schließen lässt. Da durch die coronabedingten Beschränkungen keine angemessene Trauerfeier möglich war, wird es eine Abschiedsveranstaltung im Schlosspark Ende August geben. 

Die Pest | Die Mutter aller Fragen oder 25 Rollen, die eine Frau niemals spielen sollte | Die Reise nach Brasilien | Parade 24/7 | NISCHEN. Eine hörbare Stadtrauminszenierung | Lenz |
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Die Pest

Die Pest

VON ALBERT CAMUS

Team

Mit: 
Patrick Dollas  
Lena Entezami 
Matthias Heße 
Roman Mucha 
Elisa Reining
Frank Wickermann 
Ekkehard Freye (ab 22.10.2020)

Inszenierung: Ulrich Greb
Rauminstallation & Kostüme: Birgit Angele
Musik: Emilio Gordoa
Puppencoaching: Joost Van den Branden
Dramaturgie: Viola Köster

 

Premiere: 19. September 2019 ǀ Schloss

 

 

Fotos: Jakob Studnar

Erst sterben die Ratten, dann die Menschen. Das Bakterium Yersinia pestis infiziert nach und nach eine ganze Stadt. In seinem 1942-46 entstandenen Roman Die Pest beschreibt Albert Camus den Ausbruch einer Epidemie in der algerischen Hafenstadt Oran und beobachtet mit wissenschaftlicher Nüchternheit die Auswirkungen auf das gesellschaftliche Leben. Wie in einer Versuchsanordnung stellt Camus unterschiedliche Figuren und Strategien im Kampf gegen die Krankheit neben- und gegeneinander: Vom Fatalismus über Hedonismus bis zum Widerstand, von der persönlichen und ideologischen Instrumentalisierung bis zum flammenden humanistischen Plädoyer. Auch aus heutiger Perspektive wirft der Stoff Fragen auf: Befinden wir uns innerhalb oder außerhalb der Krisenregion? Wer sind die Infizierten? Und wieviel Solidarität wollen wir uns leisten?

Die Pest ist eine erste Zusammenarbeit mit dem Puppenspieler Joost van den Branden und dem Improviser in Residence 2019, Emilio Gordoa.

Durch die Unterstützung der „Freunde des Schlosstheaters Moers e.V.“ war es möglich, den belgischen Puppenspieler Joost van den Branden als Puppenspiel-Coach zu engagieren. Über die Kooperation mit dem moers festival konnte der Improviser in Residence 2019, Emilio Gordoa, für den Soundtrack gewonnen werden. ... 

Die Pest

... Im Zuge der Corona-Krise bekam das Stück von Camus einen weiteren aktuellen Bezug. Da die Inszenierung durch den Shutdown ab dem 14.03.2020 nicht mehr gezeigt werden durfte, hat das STM die Aufführung mit dem FIlmemacher Lukas Raber zu einer visuellen Lesung umgearbeitet, um der großen Nachfrage der immer ausverkauften Vorstellung wenigstens im Internet und für Schulen nachzukommen.

Die Pest

„Die Pest“ lädt zu einem fürs Publikum ungewohnten Perspektivwechsel ein. Das Spiel, das Regisseur Ulrich Greb auf die Moerser Schlossbühne bringt, ist eindringlich und (…) lässt den Zuschauer nachdenklich zurück. Greb bedient sich in der Inszenierung zweier Kunstgriffe. Es gibt nicht nur einen Chronisten, sondern sechs weitere: Es sind die Ratten, die die Pest in die Stadt hineingetragen haben. Die Schauspieler Frank Wickermann, Lena Entezami, Elisa Reining, Patrick Dollas, Matthias Heiße und Roman Mucha tragen Rattenköpfe und weiße Kittelschürzen, die bald vom Blut der Kranken befleckt sind. Sie meistern das Spiel unter erschwerten Bedingungen bravourös. Gleichzeitig wird das Ensemble zu Puppenspielern. Denn mit Dr. Rieux gibt es einen siebten Chronisten, den wir aus Camus’ Roman bereits kennen. Joost van den Branden vom Theater Tieret in Belgien hat die Schauspieler im Puppenspiel gecoacht. In der Moerser Inszenierung mutet sie wie die Verkörperung einer oberen Instanz an. (…) Besonders stark ist die Soundkulisse, die Improviser in Residence Emilio Gordoa für die Inszenierung geschaffen hat: Sie changiert zwischen einem bedrohlichen Grundrauschen, Spieluhren-Klängen sowie Tanzmusik und vermittelt im sterilen Bühnenbild von Birgit Angele eine irritierende Atmosphäre. 
(Anja Katzke, Rheinische Post)

pressestimmen

Das Schlosstheater Moers wagt sich an Albert Camus’ großes Werk „Die Pest“. Am Ende gibt es stürmischen Beifall. In diesem fast klinisch sterilen Irgendwo, im ständigen Spiel- und Blickwechsel zwischen drinnen und draußen, entfaltet Schlosstheater-Intendant Ulrich Greb eine mutige, eindringliche Sicht auf Albert Camus’ „Die Pest“.
(Wolfgang Platzeck, NRZ)

pressestimmen

Mit ihren Rattenköpfen verkörpern die sechs Spieler*innen die todbringenden Nagetiere und schaffen eine Atmosphäre permanenter Bedrohung – unterstützt durch die subtil eindringliche, flirrende, brummende Soundkulisse von Emilio Gordoa, Improviser in Residence beim Moers-Festival. Die nüchterne Erzählung der Ereignisse wird immer wieder auf eindringliche Weise unterbrochen: Immer, wenn ein Spieler die Rattenmaske abnimmt und als einer der Protagonisten des Romans in eine Szene eintaucht. Aber jedesmal, wenn der Spieler beginnt, ganz in der Figur aufzugehen, wenn die Emotionen hochkochen und sich schmerzlich spürbar auf die Zuschauer übertragen, ruft eine der Ratten gewissermaßen zur Ordnung: „Stopp! Ein Chronist hat nur die Aufgabe, zu sagen, das ist geschehen.“ Ein Wechselbad, das durchgängig für Spannung sorgt. Natürlich sind noch die zu nennen, die gleichermaßen zum Gelingen des Ganzen beitragen. Das sind neben Ulrich Greb (Regie) die Schauspieler*innen: Patrick Dollas, Lena Entezami, Matthias Heße, Roman Mucha, Elisa Reining und Frank Wickermann. Sie meistern großartig das Wechselspiel zwischen den emotionslos berichtenden Chronisten und dem Eintauchen in die verschiedenen Charaktere, vermitteln Stimmungen oftmals allein über den wechselnden, harten, nüchternen, weichen, zärtlichen Klang der Stimme. Tragend für die ganze Inszenierung ist das Bühnenkonzept von Birgit Angele. Man ist in dieser Inszenierung mehr als bloß Zuschauer. Empfehlung: unbedingt sehenswert.
(Dr. Anne-Kathrin Reif, 365tage-camus)

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Die Mutter aller Fragen oder 25 Rollen, die eine Frau niemals spielen sollte

DIE MUTTER ALLER FRAGEN ODER 25 ROLLEN, DIE EINE FRAU NIEMALS SPIELEN SOLLTE

Team

Mit: 
Lena Entezami  
Matthias Heße 
Elisa Reining
Erdbeere: 
Harald Cloud | Thorsten Krüger | Stefan Otto-Bach

Text und Regie: Susanne Zaun
Bühne und Kostüm: Mari-Liis Tigasson
Dramaturgie: Larissa Bischoff

 

Premiere: 30. Oktober 2019 ǀ Schloss

 

 

Fotos: Jakob Studnar

Was haben Ophelia, Julia, Louise, Marie, Gretchen, Käthchen, Lulu und Judith gemeinsam? Sie alle opfern sich seit Jahrhunderten für die Liebe und sterben vor unser aller Augen beeindruckende Bühnentode. Sie stammen aus Welten, die von männlichen Autoren entworfen wurden, ihr Handlungsspielraum wird von männlicher Macht bestimmt. Noch immer dominieren die Klassiker die Spielpläne der Theater, noch immer herrscht auch dort strukturelle Ungleichheit der Geschlechter. Höchste Zeit, genauer nachzufragen. Wie ist es, in jeder Vorstellung zu sterben, während der männliche Kollege wieder vorne an der Rampe steht und spricht? Was macht eine gute Hauptrolle aus? Und wie genau stirbt eigentlich Lady Macbeth? Ui. Denken Sie jetzt vielleicht. Ist das jetzt so ein FRAUENstück? Ja. Und nein. In „Die Mutter aller Fragen“ ruft Susanne Zaun die Frauenfiguren der Theatergeschichte zusammen, denn gemeinsam sind sie stärker. Drei Schauspieler*innen loten die Grenzen zwischen Anti-Kanon, Interview, Verhör und grotesker Quizshow aus und rücken dabei Fragen von Rollenklischees und Zuschreibungen ins Licht.

 

 

 

 

Die Mutter aller Fragen oder 25 Rollen, die eine Frau niemals spielen sollte

Zaun und ihrer Dramaturgin Larissa Bischoff gelingt eine leichte Revue über das schwierige Frauenbild auf und hinter deutschen Bühnen. Gender Pay Gap, Sexismus, Machtmissbrauch und gefährliche Klischees werden ebenso an die Wand geklatscht wie die 25 Erdbeeren, die für 25 Frauenrollen stehen.
(Cornelia Fiedler, Süddeutsche Zeitung, 4.11.2019)

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Regisseurin Susanne Zaun setzt Idee und Konzept humorvoll und mit einem Augenzwinkern um. Das Ensemble nimmt sich selbst nicht so ernst, und gerade deshalb macht das Stück auch viel Spaß.
(Anja Katzke, RP)

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Susanne Zauns Mittel haben etwas spielerisch Leichtes. Die Produktion will unterhalten und nicht agitieren. Aber die Game-Show ist keine billige Abrechnung mit der Dramengeschichte. Denn was als Vernichtung angekündigt war, entwickelt sich zu einem höchst ambivalenten Ringen. Davon zeugen vor allem die großen „Show-Nummern“, in denen Lena Entezami versucht, Goethes Gretchen beizukommen, und Elisa Reining alles daransetzt, das Publikum auf ihre Seite zu ziehen.
(Sascha Westphal, nachtkritik.de)

pressestimmen

Das Karussell dreht sich immer weiter, Susanne Zaun kann sich auf ihre drei großartigen Mimen verlassen. Deren pausenlose Kostüm- und Requisitenwechsel auf einer nach hinten offenen Bühne machen selbst jeden Szenenwechsel zum Erlebnis. Gerade noch erklärt Lena Entezami, wie viele Fragezeichen (23) und Ausrufezeichen (78) in den 158 Versen von Goethes Kerkerszene im Faust stecken, da prescht auch schon Elisa Reining an die Rampe und versucht das Publikum für ihren Wunsch, Lady Macbeth zu spielen, zu gewinnen, während das Gretchen 25 Erdbeeren mit Reclamheften an der Hüttenwand zerquetscht und anschließend mit Rosenblättern im Mixer quirlt. Also was nun? Spielen oder nicht? Zumindest der Wahnsinn mit offenen Haaren würde mir fehlen. Lassen Sie sich den nicht entgehen.
(Peter Ortmann, Trailer Ruhr)

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Mit ständigen Rollen- und Perspektivwechseln dreht Susanne Zaun in ihrem als Collage angelegten Stück temporeich nicht nur das Bühnenkarussell immer wieder vor und zurück, sondern wirft außerdem einen Blick auf Machtverhältnisse im Theaterapparat.
(Gabi Gies, NRZ)

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Die Reise nach Brasilien

DIE REISE NACH BRASILIEN

VON DANIIL CHARMS

Team

Mit: 
Patrick Dollas 
Roman Mucha

Regie: Catharina Fillers
Bühne und Kostüm: Regina Rösing
Musik: Jan Lammert
Dramaturgie: Viola Köster

 

Premiere: 01. Dezember 2019, Kath. Jugendheim St. Barbara

 

 

Fotos: Bettina Engel-Albustin

Die Sache ist klar. „Ich fahre nach Brasilien“, verkündet Kolja. Petja glaubt ihm nicht, doch ein bisschen neugierig ist er schon, und so kommt er mit. Die beiden gehen zum Flugplatz und ehe sie sich’s versehen, landen sie in der Fremde. Hier gibt es Papageien und Affen, Bisons und Menschen mit semmelblonden Haaren, die in einer fremden Sprache sprechen. Alles ist so anders! Und während Kolja immer aufregendere Dinge entdeckt, kann Petja nicht aufhören zu zweifeln.

Für das Kinder- und Familienstück 2019 wurde die Kooperation mit dem Jugendheim St. Barbara in Moers-Meerbeck und die Zusammenarbeit mit der Regisseurin Catharina Fillers fortgesetzt. Gemeinsam mit ihr entwickelten die Schauspieler Patrick Dollas und Roman Mucha aus der Geschichte von Daniil Charms einen abenteuerlichen Roadtrip für Familien und Kinder ab 5 Jahren über Freundschaft, die Sehnsucht nach der Ferne und die Kraft der Fantasie. 

Der russische Schriftsteller Daniil Charms wurde 1905 in St. Petersburg geboren und starb 1942 in Leningrad. Um der Zensur zu entgehen, schrieb er Literatur für Kinder.

die reise nach brasilien

Zum wiederholten Male kam Regisseurin Catharina Fillers ans STM. Auch dieses Mal überzeugte ihre Inszenierung auf der ganzen Linie. Regine Rösing gestaltete ein einzigartiges Bühnenbild. Die großartige Leistung der beiden Schauspieler Dollas und Mucha wurde am Sonntag mit riesigem Applaus belohnt. Fazit: Absolut sehenswert. 
(Larissa Wetters, NRZ)

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Das Stück ist schnell, leichtfüßig und sehr lustig. Der Spaß, dem die Schauspieler Patrick Dollas und Roman Mucha haben, steckt das Publikum an. Auch die Kleinsten schauen gebannt zu. Aber wie mächtig ist denn nun die Phantasie? Allmächtig! Sie ist grenzenlos!
(Anna Lena Lipke, RP)

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Parade 24/7

Parade 24/7

 

Team

Mit: 
Patrick Dollas 
Matthias Heße 
Emily Klinge 
Roman Mucha 
Elisa Reining
Frank Wickermann

Regie und Textfassung: Ulrich Greb
Bühne: Birgit Angele
Kostüme: Michaela Springer
Choreografie: Constantin Hochkeppel
Sounds: Emilio Gordoa
Dramaturgie / Mitarbeit Textfassung: Larissa Bischoff

 

Premiere: 19. Februar 2020, Schloss

 

 

Fotos: Jakob Studnar

Am 24.07.2010 fand in Duisburg die Loveparade statt. Im Kulturhauptstadtjahr hatten sich viele Hoffnungen an dieses Megaevent geknüpft. Über eine Million Raver*innen wurden erwartet. Doch die friedliche Technoparty wurde zur Todesfalle: Im Zugangsbereich entstand ein Gedränge, bei dem 21 Menschen starben und über 650 verletzt wurden. Anfang Mai diesen Jahres hat die Staatsanwaltschaft der Einstellung des Verfahrens zugestimmt, damit endet eines der aufwendigsten Strafverfahren der Nachkriegszeit nach knapp zweieinhalb Jahren und 184 Sitzungstagen – ohne Urteil. Bis heute ist die Frage, ob es sich eher um ein tragisches Unglück oder um schuldhaftes Versagen bei Veranstaltern, Stadtverwaltung und Sicherheitskräften handelte, nicht geklärt. Für unsere Region ist die Loveparade eine unverheilte Wunde. Dass die Fragen nach Schuld und Verantwortung unbeantwortet bleiben werden, ist ein Teil davon.

Das Rechercheprojekt „Parade 24/7“ ist ein Versuch, sich diesem Unglück auf der Basis von Interviews, Zeugenaussagen, Protokollen und Medienberichten mit theatralen Mitteln ...

PArade 24/7

... anzunähern und entstand im Dialog mit Betroffenen und Angehörigen von Opfern, die vor den öffentlichen Aufführungen zu Proben eingeladen wurden.

Für die Musik konnte erneut der mexikanische Musiker und Komponist Emilio Gordoa gewonnen werden. Die Choreographie übernahm Constantin Hochkeppel. 

Die Aufführung hat eine große Medien- und Zuschauerresonanz hervorgerufen mit zahlreichen TV- und Radiobeiträgen.

PArade 24/7

‘Parade 24/7‘ ist ohne Frage Kunst, und zwar eine Kunst, die nach Zwischentönen sucht, die keine vorgefertigten Antworten gibt, die Räume für Gedanken und Debatten lässt.
(Sascha Westphal, nachtkritik.de)

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Eine intensiv gespielte, vom aufopferungsvollen Ensemble hervorragend gemachte Fragestellung (…) und eine hochinteressante Choreographie von Constantin Hochkeppel. Es ist wichtig, das Thema in der Diskussion zu halten – das leistet dieser Abend.
(Stefan Keim, WDR3 Mosaik)

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Ein Schauspiel gegen das Vergessen. Greb sucht in radikaler Reduktion eine szenische Entgegnung. So sachlich die Textfassung das unfassbare Mosaik aus Zufall, Dummheit, Gier nach Geltung, Versagen, Überforderung, Opportunismus und Event-Geilheit zusammenfügt, so kreativ zeigen sich die Mittel der Regie. Gerade weil dieser Fall bis heute sprachlos machen kann, tut es gut, dass Theater nicht dazu schweigt.
(Lars von der Gönna, WAZ)

pressestimmen

Die im Vorfeld geäußerte Sorge, dass das Theater auf Sensationslust aus sein könnte, hat das Ensemble entkräftet. Die Inszenierung hinterfragt mutig, wie es zu der Katastrophe kommen konnte und was in einem System falsch läuft, in dem die Aufarbeitung der Tragödie ohne strafrechtliche Konsequenzen für eine Vielzahl von mutmaßlichen Schuldigen bleibt.“
(Anja Katzke, Rheinische Post)

pressestimmen

Mit Projekten wie „Parade 24/7″ zeigen Ulrich Greb und das Schlosstheater Moers, dass Bühnen wirklich ein gesellschaftliches Forum sein können. (…) Hier ist eine berührende, vielschichtige, kritische und offene Aufführung gelungen. Das Theater leistet einiges, was Gerichte und Politiker nicht geschafft haben.
(Stefan Keim, Welt am Sonntag)

pressestimmen

Wie Ulrich Greb den O-Tönen keinen erdichteten Text hinzufügt, so fügt „Parade 24/7“ auch der Loveparade, der Katastrophe wie der gescheiterten Aufarbeitung, nichts hinzu. Warum man sich das ansehen muss (und „Parade 24/7“ unbedingt in Duisburg, Düsseldorf, Essen… gezeigt werden sollte)? Weil „Parade 24/7“ mit dem nicht nachspielenden, aber bis zur Erschöpfung intensiven, überwältigenden Nachvollzug der Katastrophe kurz vorm absehbaren Ende der juristischen Aufarbeitung schreit: Das kann, das darf so nicht stehen bleiben.
(Thomas Warnecke, Stadtpanorama)

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NISCHEN. Eine hörbare Stadtrauminszenierung

NISCHEN. Eine hörbare Stadtrauminszenierung

HÖRSPIEL VON willems&kiderlen

Team

Mit: 
Elisa Reining 
Matthias Heße 
Roman Mucha 
Lena Entezami 
Patrick Dollas

Text & Regie: willems&kiderlen (Kim Willems und Meret Kiderlen)
Sounddesign: Frank Böhle
Rauminstallation: Milena Wichert
Dramaturgie: Larissa Bischoff / Viola Köster

 

Premiere: 23.04.2020, Wallzentrum

Team

Interviewpartnerinnen und Interviewpartner in der Reihenfolge ihres Auftauchens im Hörspiel:

Kerstin Bendig (Ehemalige Bewohnerin des Wallzentrums)
Colin Nierenz (Kriminalinspektor)
Vito Nowak (Shisha-Bar-Besitzer)
Alexander Janssen (Leiter des Jugendzentrums Zoff)
Fabian Wowrzyk (Gamer und Youtuber)
Glenn Gold (Goldschmied)
Markus Murach und Jennifer Lamartz (Vorsitzende des Mittelalter-Vereins Rheinische Rotte)
Heinz Muhsal (Bewohner des Wallzentrums)
Ingo Bauer (Wohnungsloser)
Jörg Richert (Vorstand der KARUNA Sozialgenossenschaft)
Vivian Glover (Gemüsegarten Hoxhol – Solidarische Landwirtschaft)
Norbert Hinrichs (Anarchist und Gründer der Barrikade Moers)
Jan Krause, Steven Koch und Chris Retz (Pflanzenorchestranten der Gruppe Recursion)
Svenja und Michael Küttner (Fetischparty-Organisator*innen von „flowers&bees“)
Anastasia Gilz (Hackerin von Code for Niederrhein)
Jasper Gohlert (Name geändert, Familienvater)

Team

Mit Dank für weitere Gespräche an:

Stefanie und Michael Bendixen (Tafel-Gänger*innen)
Christina Bergs (Bollwerk 107, Moers)
Lena Brandau (Kinder- und Jugendbüro der Stadt Moers)
Martin Flasbarth (Werkstätten Schlosstheater Moers)
Jens Franken (Stadtteilmanager Moers Meerbeck)
Holk Freytag (Gründer & ehemaliger Intendant des Schlosstheaters Moers)
Andreas Gehrlach (Humboldt-Universität zu Berlin, Institut für Kulturwissenschaft)
Stefan Höhne (Kulturwissenschaftliches Institut Essen (KWI) Institute for Advanced Study in the Humanities)
Tim Isfort (moers festival)
Martina Limbrecht (Ornithologin vom Nabu Odenwald)
Daniel Loick (Philosoph, Kunstakademie Düsseldorf)
Thomas Pfeiffer (Rechtsradikalismusexperte, Innenministerium NRW)
Samuel Rumpf (Diplom-Ökonom und Venture Partner bei einem Company-Builder)
Herr Schröder & Frau Rauch (Sozialdienst Caritas Moers)
Ehepaar Schürings (Tafel Moers)
Christoph Speckmann (Stadtplanungsamt Berlin-Pankow)
Karl-Heinz Theussen (SCI Moers)
Lennart Klein (Bollwerk 107, Moers)

Individuelle Nischen stellen die Basis jeder liberalen Demokratie dar und die freie Entfaltung ein Grundrecht. Gleichzeitig bergen Nischen immer auch die Gefahr, sich auszudehnen und die Freiheit Anderer zu bedrohen. In einer Gesellschaft, in der wir uns immer weiter spezialisieren und die politischen Mehrheitsverhältnisse wanken, wird da die Nische zum Mainstream? Und wie geht eine Gemeinschaft mit ihren Parallelwelten um? An welchem Punkt wird der Rückzug zur Abschottung und die Nische zur Filterblase, die es zu beobachten und einzudämmen gilt? Und wer entscheidet, welche Nischen erwünscht und welche auszuschließen sind?

willems&kiderlen und der Sounddesigner Frank Böhle machen sich auf Basis von Interviews mit Moerser*innen gemeinsam mit dem Ensemble auf die Suche nach alternativen Formen und Praktiken des Zusammenlebens. Was eigentlich als Audio-Walk durch das Wallzentrum geplant war, wird aufgrund der Corona-Pandemie, in der alle in ihren Nischen bleiben müssen, zu einem reinen Audio-Erlebnis, das von jedem Ort aus hörbar wird. 

Aus Interviews mit Moerser*innen, die ihre Nische gefunden oder ...

NISCHEN. Eine hörbare Stadtrauminszenierung

... verloren haben, entsteht ein vielstimmiges Hörspiel, das sich mit Nischen und Parallelwelten in unserer Gesellschaft auseinandersetzt. Das Hörspiel war bis zum Ende der Spielzeit auf der Homepage des „W – Zentrum für urbanes Zusammenleben“ abrufbar und wurde zudem im Radio K.W. gesendet.  

willems&kiderlen (Kim Willems und Meret Kiderlen) realisieren seit 2014 Theaterperformances und Stadtrauminszenierungen. Mit NISCHEN arbeiten sie zum ersten Mal am STM.

NISCHEN. Eine hörbare Stadtrauminszenierung

Lenz

Lenz

VON GEORG BÜCHNER

 

Team

Mit: 
Roman Mucha

Inszenierung und Ausstattung: Ulrich Greb
Musik: Mariá Portugal
Dramaturgie: Viola Köster

Eine Kooperation mit dem Improviser in Residence des moers festival

Premiere: 5. Juni 2020, Kapelle

 

 

Fotos: Kristina Zalesskaya

„Die Welt hatte einen ungeheuren Riß.“ Mit diesen Worten lässt Georg Büchner den Sturm-und-Drang Dichter Jakob Michael Reinhold Lenz auf die Welt blicken und begleitet ihn auf seinem Weg entlang der Bruchkanten durch Gebirge. Die Erzählung „Lenz“ aus dem Jahr 1835 gilt als der Beginn der modernen deutschen Prosa. Sie ist die Geschichte eines Menschen, der sich zunehmend selbst verliert. 

Von Goethe aus Weimar verbannt und auf der Flucht vor den Disziplinierungsmaßnahmen seines Vaters sucht Lenz Ruhe in der Natur und beim Pfarrer und Sozialreformer Oberlin, der ihn am 20. Januar 1778 in Waldbach nahe Straßburg in seinem Haus aufnimmt. Doch statt die Abgeschiedenheit zu genießen, wird Lenz mehr und mehr von Stimmen und Halluzinationen verfolgt. Sein Glaube und sein intensives Naturerleben steigern sich bis zum Wahn, eins werden zu müssen mit allen Dingen der Schöpfung.

So kraftvoll Lenz mit seiner Sprache die Welt begreifen, umfassen und in eine Ordnung zwingen will, so sehr zerbricht sie ihm nach und nach und zerfällt wie Büchners Text ins Bruchstückhafte. Die Entfremdung des Subjekts in einer Welt sozialer ...

Lenz

... Ungerechtigkeit und der Widerstand gegen ein System repressiver Autoritäten sind auch die Themen, die den 22-jährigen Büchner mit Lenz verbinden.

Roman Mucha spielt Lenz angebunden an ein Bungee-Seil in der Kapelle und schreitet den Text in all seiner Größe und Abgründigkeit virtuos aus bis an die Grenzen des Raums und seiner eigenen physischen Belastbarkeit, im Kampf und in der Vereinigung mit den sirenenhaften Klängen der brasilianischen Percussionistin Mariá Portugal („Improviserin in Residence 2020“).

Um den Coronaeinschränkungen zu entgehen, wurde die Inszenierung ab 2021 open air im Schlosspark gespielt. 

Lenz

Schauspieler Roman Mucha bewegt sich in einem Bungeeseil durch den Raum, springt, gleitet über den Boden, den er mit Kreide vollkritzelt. Die Kapelle, in der das schauende Dutzend auf zwei Etagen sitzt, ist ein perfektes Bühnenbild für die Geschichte über den Schriftsteller Jakob Michael Reinhold Lenz, der im Gebirge beim Pfarrer Oberlin gegen den Wahnsinn kämpft – und ihm manchmal lustvoll erliegt. Begleitet wird der akrobatische und über 90 Minuten hoch konzentrierte Roman Mucha von der Percussionistin Mariá Portugal. Mit mal sanft, mal brutalen Rhythmen, merkwürdigen Geräuschen und am Schluss auch leise summend, begleitet sie Büchners Lenz. Zwischendurch tönen Ausschnitte aus Ludwig Wittgensteins Tractatus Logico Philosophicus vom Band – ein reizvoller Kontrast.
(Stefan Keim, Deutschlandfunk Kultur)

pressestimmen

Intendant Ulrich Greb hat den Prosatext als Solo für zwei inszeniert. Den grabschwarzen kleinen Kapellenraum regieren Roman Mucha als Schauspieler und Moers’ „Improviserin in Residence 2020“ Mariá Portugal am Schlagzeug – und per Stimme. Portugal ist geisterhaftes Echo, schafft geräuschige Seelen-Perkussion und unheimlichen Sirenengesang. Mucha: berauschend gut, weil er diesem Abgrund von Mensch wirklich alle Farben abzuringen versteht. Und wie er Brüche und Wendungen meistert! Anfangs noch ganz vital, ein rosig-druckvoller Conférencier fast, mit schönen gletscherblauen Augen, der uns verführt, einzusteigen in diesen Express von Wahn und Weltflucht. Dann Verzweiflung, flüchtiges Glück, panische Gottverlassenheit: All das treibt Roman Muchas famoses Spiel, das nicht zuletzt von seiner exquisiten Sprechkultur zehrt, auf einen nie eitlen Gipfel.
(Lars von der Gönna, WAZ)

pressestimmen