
Spielzeit 14/15
“Wer Freiheit für Sicherheit aufgibt, wird am Ende beides verlieren.” Dieses Zitat von Benjamin Franklin aus dem Jahr 1775 hat nichts von ihrer Aktualität verloren. Sicherheit und Freiheit – dieses Spannungsverhältnis steht im Zentrum der Spielzeit 2014/15.
Unter dem Motto „man trifft sich“ gehen wir unter dem Eindruck der NSA-Enthüllungen der Frage nach, was uns veranlasst, zunehmend auf Jahrhunderte lang erkämpfte Grundrechte und individuelle Freiheiten zu verzichten. Die Volkszählung von 1987 löste Massenproteste aus, heute überlassen wir freiwillig dem Staat unsere Fingerabdrücke und den Tech-Konzernen unsere persönlichsten Daten. Die Logik der Bedrohung unseres Rechtsstaats ist dabei offenbar so schlüssig und alternativlos, dass wir zur Sicherung der demokratischen Grundrechte die Beschränkung unserer persönlichen Freiheit und Privatsphäre in Kauf nehmen. Die Autorin Juli Zeh fasste dieses Dilemma pointiert zusammen: „Kann man ein Wertesystem verteidigen, indem man es abschafft?“
Den möglichen Auswirkungen dieses Dilemmas spürt die erste Produktion der Spielzeit in Form einer bitter-komischen Revue nach. „The only thing that stops a bad guy with a gun is a good guy with a gun“ zeigt, was passiert, wenn der Staat seinen Bürgern misstraut, wenn er plötzlich im Wohnzimmer sitzt und Teil der Familie wird. Bühnenbildnerin Birgit Angele lässt dazu auf der Bühne ein Einfamilienhaus entstehen. Für den nötigen musikalischen Druck sorgt der Oberhausener Musiker Otto Beatus mit seiner Rockband. Mit dieser ersten Premiere der Spielzeit feiern wir auch einen neuen Veranstaltungsort für Kultur in Moers – die Festivalhalle.
Wie das Bedürfnis nach Sicherheit umschlagen kann in paranoide Angst, damit spielt das Stück „Im Ausnahmezustand“ von Falk Richter. Die elsässische Regisseurin Catherine Umbdenstock inszeniert das Kammerspiel um eine Familie auf dem Gipfel des angestrebten Glücks. Sozial und finanziell abgesichert lebt sie in einer „Gated Community“, die alles Unangenehme durch einen Zaun von seinen Bewohnern fernhält – bis auf die Angst, den privilegierten Status zu verlieren.
Von einem mutigen und selbstbewussten kleinen Mädchen erzählt das diesjährige Kinderstück. Im Märchen „Die Schneekönigin“ von Hans Christian Andersen sucht sie ihren von der Schneekönigin entführten Spielkameraden und begibt sich auf eine abenteuerliche Reise. Susanne Zaun übernimmt nach „Don Quijote“ wieder Textfassung und Regie, Mamoru Iriguchi die Ausstattung.
Big brother is watching you! 66 Jahre nach der Entstehung des Romans „1984“ von George Orwell, 30 Jahre nach der wohl bekanntesten Jahreszahl der Literaturgeschichte untersucht die Inszenierung, wieviele Prognosen der Orwellschen Fiktion eines Präventions- und Überwachungsstaats schon Realität geworden sind.
„Amphitryon“ von Heinrich von Kleist trägt den Sicherheitsgedanken schließlich in die Körper der Spielfiguren. Amphitryon ist wörtlich der, den es zweimal gibt. Diese Doppelung nimmt den Figuren ihre Selbstgewissheit und stürzt sie in turbulente und tragikomische Identitätskrisen. Für die Inszenierung ist mit dem Regisseur Matthias Schönfeldt ein weiterer Neuzugang am Schlosstheater Moers zu Gast.
Darüber hinaus performt Patrick Dollas in einer szenischen Lesung Heinrich von Kleists „Michael Kohlhaas“ mit Kompositionen des Moerser „Improviser in Residence“ Hayden Chisholm. Und Matthias Heße inszeniert mit „Fabelhafte Familie Baader“ eine provokative Verdrehung deutscher RAF-Geschichte, in der Andreas Baader und Gudrun Ensslin als Wohlstandskinder mit allen Mitteln den Kapitalismus verteidigen.
Im Frühjahr 2015 wartet dann noch ein Jubiläum: Das Schlosstheater Moers wird 40! Dass das Theater bislang allen Stürmen trotzen und sich dabei immer weiter entwickeln konnte, verdanken wir vor allem unserem Publikum und der tatkräftigen Unterstützung durch unseren Förderverein „Freunde des Schlosstheaters Moers e.V.“

„The only thing that stops a bad guy with a gun is a good guy with a gun“ (UA)

„The only thing that stops a bad guy with a gun is a good guy with a gun“ (UA)
EIN MUSIKALISCHES STÜCK SICHERHEIT VON ULRICH GREB*
Team
Mit:
Cemre Akdag
Patrick Dollas
Julia Meier
Marissa Möller
Anandita Schinharl
Frank Wickermann
Die Band: Otto Beatus (p) | Peter Engelhardt/Manfred Franzkowiak (git) | Volker Kamp/Tim Isfort (bs) | Stefan Lammert (dr)
Inszenierung: Ulrich Greb
Bühne: Birgit Angele
Kostüme: Elisabeth Strauß
Musikalische Leitung: Otto Beatus
Videotechnik: Felix Hecker | Daniel Schäfer
Dramaturgie: Nicole Nikotowski
*mit Zitaten von Kenneth Binmore, Cofer Black, James Clapper, David Grossman, Georg Wilhelm Friedrich Hegel, Herman Kahn, A.B. „Buzzy“ Krongard, John DeLong, Ulrike Meinhof, Barack Obama, Donald Rumsfeld, Wolfgang Schäuble, Edward Snowden, Sunzi, Ursula von der Leyen, Ludwig Wittgenstein
Premiere: 11.09.2014 | Festivalhalle
Fotos: Torsten Silz
Der ausufernde Stücktitel stammt aus der Presseerklärung von Wayne LaPierre, dem Chef der US-amerikanischen Waffen-Lobby National Rifle Association, die er am 21.12.2012 nach dem Amoklauf in der Grundschule von Newtown/Connecticut gegeben hat, bei dem 20 Schüler und sechs Erwachsene erschossen wurden. Wayne vertritt die Überzeugung, dass nicht ein Waffenverbot, sondern nur zusätzliche Bewaffnung des Lehrpersonals die Sicherheit an amerikanischen Schulen gewährleisten kann. Diese besondere Logik steht im Zentrum der musikalischen Produktion, die mit Mitteln der Groteske das Spannungsfeld zwischen galoppierendem Sicherheitswahn und dem Verlust der Bürgerrechte auslotet.
Das Stück spielt in der friedlichen Eigenheim-Atmosphäre der Familie Henderson, die sich nach und nach zur ...
„The only thing that stops a bad guy with a gun is a good guy with a gun“
... Kampfzone ausweitet. „The only thing…“ ist ein Stück über staatliche Überwachungsfantasien getarnt als Revue und mit einer Rockband unter der Leitung von Otto Beatus, die mit klarem, offensiven Sound und Songs aus den 70er Jahren bis heute jenen Nerv treffen soll, der vor 40 Jahren noch andere Formen des kritischen Kommentars kannte.
„Manchmal wünsche ich mir die alte Welt zurück. Im Kalten Krieg hat es zwei Telefonsysteme gegeben, eines im Osten, eines im Westen. Man wusste, wo der Feind war. Heute ist alles vermischt: Millionen Menschen tun Milliarden unschuldiger Dinge, doch unter ihnen sind gefährliche Tiere. Wie trennt man das unschuldige Heu von den ruchlosen Nadeln?“ (James Clapper, NSA Chef, SZ 10.02.2014)
„The only thing that stops a bad guy with a gun is a good guy with a gun“

Ein hochintelligentes Theaterexperiment, vielleicht am besten zu fassen als so brisante wie aktuelle Fantasie über einen berühmten Satz von Benjamin Franklin, der auch das Spielzeitheft des Schlosstheaters einleitet: ‚Wer Freiheit für Sicherheit aufgibt, wird am Ende beides verlieren.’ Ein übervoller, sehr ernsthafter, in seiner Konsequenz faszinierender Abend, angefüllt mit Thesen und Erkenntnissen, die zum Nachdenken zwingen, Haltung einfordern.
(Andreas Falentin, Die deutsche Bühne)
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Mit seinem klasse Ensemble und einer grandiosen Band unter der Leitung von Otto Beatus, dem unruhigen Ruheständler aus Oberhausen, inszeniert Greb eine musikalische Waffenschau der ganz besonderen Sorte. Ein Theaterabend, der rockig flockig in zwei Stunden die Harmlosigkeit aller Dinge zertrümmert hat, und das am 11. September.
(Peter Ortmann, trailer)
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Mit der Uraufführung „The only thing that stops a good guy with a gun is a bad guy with a gun“, einer mitreißenden und temporeichen Rock-Revue im Tarnanzug, eröffnete das Moerser Schlosstheater ausgerechnet am 11. September seine neue Spielzeit zum Thema Sicherheit. Wer es bis dahin immer schon geahnt hat, darf sich bestätigt fühlen – sicher in dieser Welt ist nur eines: Nichts ist sicher. (...) Warum ausgerechnet Familie Mustermann zum Opfer wird, spielt keine Rolle. Über allem und überall (selbst als Dauerschleife auf dem Fernsehbildschirm) wacht ein dubioser Politiker mit Allmachtsfantasien (großartig: Matthias Heße), den Autor und Regisseur Ulrich Greb mit Originalzitaten von Donald Rumsfeld bis Barack Obama aufgerüstet hat. Bittere Wahrheit: die bizarrsten Textpassagen des Stückes sind ...
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... allesamt verbürgte Worte der Mächtigen dieser Welt. Widerstand? Zwecklos. „Wir zahlen Steuern. Wir haben Kreditkarten, einen Kindergartenplatz“, protestiert Nancy (intensiv: Marissa Möller) vergebens. (...) Zielsicher setzt der ehemalige musikalische Leiter des Theaters Oberhausen, Otto Beatus, mit seiner Band musikalische Nadelstiche. Von Nirvana bis Rammstein, von Nick Cave bis R.E.M. Protestsongs der besonderen Art, die das Ensemble mit Verve interpretiert. Erneut beweist Greb mit seiner Wahl des Spielzeitthemas großes Gespür.
(Gaby Gies, NRZ/WAZ)
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Ulrich Greb, der sich in dieser Spielzeit mit dem Thema Sicherheit beschäftigen will, fährt das große Besteck auf: ein um zwei Mitspieler verstärktes Ensemble, eine vierköpfige Band unter dem Dirigat von Otto Beatus, dem langjährigen musikalischen Leiter am Theater Oberhausen. Spektakulär, was das Publikum da … auf die Ohren bekommt. Das Ensemble singt sich durch die Musikgeschichte von Sinatra, Peter Gabriel über Rammstein und Eminem bis Genesis. Und zwar mitreißend gut, um nur Marissa Möller und Julia Meier hervorzuheben. Überhaupt zeigt sich das Theaterensemble mehr als spielfreudig (…). Die Inszenierung Grebs basiert auf einer umfangreichen Recherche über Krisen und Sicherheitspolitik, Privatarmeen sowie Terrorismusbekämpfung und die Überwachung des Einzelnen. (...) Der Regisseur realisiert das Thema geschickt, lässt es auf verschiedenen Ebenen spielen. Die einzige Sicherheit, die Zuschauern bleibt, ist, dass die Logik hier außer Kraft gesetzt scheint.
(Anja Katzke, Rheinische Post)
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Im Ausnahmezustand

Im Ausnahmezustand
VON FALK RICHTER
Team
Mit:
Patrick Dollas
Maresa Lühle
Frank Wickermann
Inszenierung: Catherine Umbdenstock
Ausstattung: Elisabeth Weiß
Dramaturgie:
Premiere: 06.11.2014, Kapelle
Fotos: Jakob Studnar
Eine Frau, ihr Mann und der Sohn. Sie haben es geschafft – Annehmlichkeiten, geregelte Verhältnisse, Sicherheit – alles, was ein schönes Leben braucht. Sie leben in einer sogenannten „Gated Community“, die sich dem Guten und Schönen verschrieben hat. Die Gefahren der Außenwelt – Armut, Gewalt, politische Konflikte – werden durch einen Zaun ferngehalten, so scheint es.
Bliebe da nicht die Furcht vor dem Zerplatzen der Idylle, die Angst vor dem Scheitern, die sich tief in die Familie hineingefressen hat, hinein in die gehegte und eingehegte Welt. Hinter einer Maske der Positivität verzerren Misstrauen und Verlustängste die Wahrnehmung der Frau: Ihr Mann zeigt sich demotiviert und leistungsschwach und der pubertierende Sohn interessiert sich mehr für die gefahrenvolle Welt außerhalb der Einfriedung – selbstzerstörerische Angst, die zwangsläufig die Kehrseite des angestrebten Glücks ist.
Die Regisseurin Catherine Umbdenstock, zum ersten Mal zu Gast am Schlosstheater Moers, findet in der Kapelle das passende Szenario für das subtile Kammerspiel.
„Es ist im Kern ein Stück über Angst und Paranoia und über die Unfähigkeit, zu entscheiden, wie real die imaginierte Bedrohung ist, die von medialen Bildern verstärkt wird oder von geträumten Angstfantasien. Das ist genährt von ...
im ausnahmezustand
... der eigenen Abstiegsangst. Das scheint mir im Moment das entscheidende Thema in unserer Gesellschaft zu sein: Angst. Wie begründet diese Angst ist und das Gefühl, dass unsere gesicherte Schutzzone nicht mehr lange funktioniert, weiß ich nicht. Das können auch meine Figuren nicht beantworten.“ (Falk Richter im Interview mit Peter Laudenbach)
Falk Richter gilt als einer der wichtigsten deutschen Theaterregisseure und Dramatiker seiner Generation. Er inszeniert eigene Stücke, klassische und zeitgenössische Texte und übersetzt englischsprachige Dramatiker. In den letzten Jahren entwickelte er zunehmend freie Projekte basierend auf seinen eigenen Texten gemeinsam mit einem Ensemble aus Musikern, Schauspielern und Tänzern. Das Stück „Im Ausnahmezustand“ kam 2007 in seiner Regie zur Uraufführung an der Schaubühne Berlin.
im ausnahmezustand


Großer Abend in Moerser Schlosstheater-Kapelle: der „Ausnahmezustand“ von Falk Richter. Wer ein Ausnahme-Stück Theater sehen will, sollte sich dieses intensive Sahneteilchen von Kammerspiel in der Gast-Regie von Catherine Umbdenstock nicht entgehen lassen.
(Karen Kliem, WAZ)
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Mit dem Theaterstück „Im Ausnahmezustand“ von Falk Richter legt die Regisseurin Catherine Umbdenstock ein nervenaufreibendes psychologisches Kammerspiel vor. Maresa Lühle, Frank Wickermann und Patrick Dollas gelang es bei der Premiere des Stückes in der Kapelle des Schlosstheaters Moers, die beklemmende Atmosphäre einer seelisch zerstörten „Familienidylle“ überzeugend zu vermitteln und die menschlichen Abgründe dahinter sichtbar zu machen. … Das Darstellertrio lieferte eine tolle Leistung ab, so dass man zum Schluss als Zuschauer beinahe erleichtert war, aus der klaustrophobischen Atmosphäre der Angst wieder ins Freie treten zu können, allerdings nicht, ohne den verdienten Applaus zu spenden.
(Cornelia Krsak, Rheinische Post)
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„Die Frau“ und „Der Mann“ leben mit einem „Sohn“ in einem Paradies. In einer Gated Community … Natürlich schüren Überwachung, strenge Sicherheitsvorkehrungen und der Genuss exklusivsten Luxuslebens Ängste. Und so wird Falk Richters Drei-Personen-Haushalt zu einem Ort, wo die Neurosen blüh’n. … Den völlig gestörten und wohl auch traumatisierten Sohn gibt Patrick Dollas in Moers mit grauslicher Intensität.
Keine Entwicklung habe das Stück, nörgelte die Theaterkritik nach der Berliner Uraufführung. Zumindest Frank Wickermann als „Der Mann“ zeigt in Moers sehr wohl eine Entwicklung. Zu Beginn wirkt er ganz normal, für eine Wickermann-Figur sogar erstaunlich ruhig und gelassen. Erst durch die Infragestellung und die Anwürfe der Frau verliert er Selbstbewusstsein und – gelegentlich – Contenance. … Keine Entwicklung? Schon beim Lesen schnürt einem Richters suggestive Beschreibung der explosiven Idylle phasenweise die Luft ab. Unerbittlich schrauben sich in ...
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... Catherine Umbdenstocks Inszenierung die Psychosen in die Höhe. Der Boden, auf dem diese Familie steht, gerät während der 100minütigen Aufführungsdauer mehr und mehr ins Wanken; die Schüsse, die man nicht hört, treffen die Insassen des Paradieses auf metaphorische Weise. Eindringlich setzt das Moerser Ensemble den wortgetreu inszenierten Text um und löst in der kleinen Kapelle wahre klaustrophobische Gefühle aus.
Ein Disneyland ist das nicht. Insofern mag das Richters Stück im engeren Sinne als Gesellschaftskritik fehlgehen. Aber es ist eine brillante Komposition über Angstpsychosen, Traumata und gesellschaftliche Fehlentwicklungen, die überzogenes Sicherheits- und Statusdenken auszulösen vermögen. Wenn es denn je wirklich diskreditiert war, hat das Schlosstheater Moers das Stück mit dieser Inszenierung rehabilitiert.
(Dietmar Zimmermann, theater:pur)
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die schneekönigin

Die Schneekönigin
FREI NACH HANS CHRISTIAN ANDERSEN
Team
Mit:
Matthias Heße
Marissa Möller
Inszenierung: Susanne Zaun
Ausstattung: Mamoru Iriguchi
Musik: Bernhard la Dous
Dramaturgie: Maria Filimonov
Premiere Sonntag, 23.11.2014 | Festivalhalle
Fotos: Torsten Silz
An einem ganz normalen Samstagabend im Winter besucht Kai seine Freundin Gerda. Sie spielen das Gruselgeschichtenspiel, dessen wichtige und zugleich einzige Regel lautet: Wer zuerst das große Licht anmacht, hat verloren. Doch als es plötzlich statt hell stockfinster wird, ist Gerda spurlos verschwunden. Kais Suche nach Gerda entpuppt sich als Schnitzeljagd, bei der er auf eigenartige Frauengestalten trifft, die immer wieder neue Rätsel und Aufgaben für ihn vorbereitet haben. Das letzte Rätsel führt ihn zur Schneekönigin – oder steckt hinter der Maskerade etwa doch Gerda und gelingt es Kai, das Herz seiner Freundin zu erweichen?
Susanne Zaun, die in der vergangenen Spielzeit einen wunderbaren interaktiven „Don Quijote“ mit Kraft der Fantasie zum Leben erweckte, zeigt zusammen mit dem Bühnenbildner Mamoru Iriguchi und dem Sounddesigner Bernhard la Dous auch in dieser Spielzeit, wie ein Klassiker wie „Die Schneekönigin“ von Hans Christian Andersen erfrischend neu interpretiert werden kann.
die schneekönigin


In der Schlosstheater-Version ist Kai auf der Suche nach Gerda. Matthias Heße hat dabei allerhand durchzustehen, wenn er Frühling, Sommer, Herbst und Winter erlebt (Bühnenbild: Mamoru Iriguchi). Er tanzt im Tutu zu melancholischer Spieluhr-Musik, die immer wieder erklingt, einmal sogar aus der Kloschüssel (Sounddesign: Bernhard La Dous). Er dichtet und singt dem Sommer – oder vielmehr Gerda – ein Liebeslied, das plötzlich zur Schimpf-Tirade wird. Und sinniert tiefsinnig: „Kai steht am Kai, traurig schwimmt ein Hai vorbei“. So lustig kann gruseln sein. Um bei Frau Räuber an das nächste Rätsel zu kommen, muss er sich fesseln und knebeln lassen und mit dem Kopf in die Schüssel mit Wackelpudding.
Marissa Möller spielt Gerda und alle anderen Figuren. Sie gibt als Rose mit grünem Haar eine gestrenge Ballet-Lehrerin, als Frau Prinz einen blauhaarigen Sommer im Regenmantel, ihre Frau Räuber hat einen überzeugenden Hang zur Bösartigkeit, und ihre Schneekönigin läuft zwar auf Stelzen aus botten Eimern, aber sie singt derart bezaubernd zart, dass die Kinder hier spontan applaudierten.
(Karen Kliem, WAZ)
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In Susanne Zauns Inszenierung geht es nur vordergründig um eine Gruselgeschichte, die mit dem Auftauchen einer mysteriösen Spieluhr ihren Anfang nimmt. Dahinter verbirgt sich eine liebevolle Erzählung über Freundschaft, Zusammenhalt und Identität.
(Anja Katzke, Rheinische Post)
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Zwei Schauspieler spielen alle Rollen. Sie sind die beiden Kinder, aber auch ihre Eltern, die Schneekönigin, schrullige und seltsame Gestalten. Sie spielen, wie es Kinder tun, verkleiden sich, sind ganz in ihren Figuren – und unterhalten sich im nächsten Moment wieder normal. Eine Aufführung mit coolen Sprüchen und viel Humor, aber auch ernsthaftem Gefühl und mit einigen Songs.
(WDR3)
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1984

1984
VON GEORGE ORWELL
Team
Mit:
Magdalene Artelt
Patrick Dollas
Matthias Heße
Marissa Möller
Frank Wickermann
Regie: Ulrich Greb
Bühne: Birgit Angele
Kostüme: Elisabeth Strauß
Dramaturgie: Annika Stadler
Premiere: 07.02.2015, Schloss
Fotos: Birgit Hupfeld
Was George Orwell in „1984“ als eine Zukunft der totalen Überwachung prognostizierte, liest sich heute wie eine Wirklichkeit gewordene Vision. Und seit der Amtseinführung von Donald Trump als US-Präsident ist in vielen Ländern der Roman erstmalig auf dem Bestseller-Listenplatz Nr. 1. Denn die Realität hat die im Roman geschilderten Prognosen aus dem Jahr 1948 in Technik und Umfang längst weit überholt. Doch die repressive Disziplinargesellschaft, die Orwell unter dem Eindruck von Stalinismus und Faschismus beschreibt, hat sich gewandelt: Heute geben wir angesichts von „freundlichen“ Maschinen und Konzernen, die „not evil“ sein wollen, unsere Privatsphäre freiwillig auf.
Im totalitären Staat Ozeanien, in dem das „Ministerium für Überfluss“ für Rationierungen zuständig ist, das „Ministerium für Wahrheit“ sämtliche Dokumente und Fakten fälscht, in der Dichter zuständig sind, die Sprache zu eliminieren und selbst die Jahreszahl der aktuellen politischen Lage unterworfen ist, gibt es keine sichere Grenze zwischen Realität und Propaganda. Orwells Protagonist Winston Smith gerät zunehmend in Konflikt mit der offiziellen Darstellung des Systems. Die Suche nach der Wahrheit entwickelt sich zum Widerstand gegen das System, das aber längst Teil seiner eigenen Identität ist. Das ist – mit Orwells „Neusprech“ formuliert – „doppelplusungut”. Denn der „Große Bruder“ will geliebt werden, ohne Einschränkung.
1984

Eine intensive und packende Inszenierung von George Orwells „1984“ erlebten die Premierenzuschauer am Samstagabend im Schlosstheater. Ein Theatererlebnis, das sich nicht so einfach abschütteln lässt. Subtil setzt Ulrich Greb mit Bühnenbildnerin Birgit Angele in seiner Inszenierung die Vision des Orwell´schen Überwachungsstaates um. Er verzichtet gänzlich auf Kameras, stattdessen agiert das Ensemble vor einer Spiegelwand. Permanent beobachtet und kontrolliert sich hier jeder selbst und die anderen, heißt es doch als Turniertänzer immer im Takt zu bleiben. bloß nicht zu stolpern. Über allem lauert beklemmend spürbar die ständige Angst, nicht mehr zu funktionieren und aussortiert zu werden. (…) Der Große Bruder schaut dabei immer zu – vielleicht als Tanzpartner, vielleicht als Theatergast oder vielleicht als vermeintlicher Freund in einem System, das Liebe nicht zulässt – es sei denn jene unbedingte zum Großen Bruder.
(Gabi Gies, NRZ)
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Die Menschen Ozeaniens sind Turniertänzer, in einem nie enden wollenden Tanz zu anwidernder Lounge-Musik. Sie stehen immer unter Beobachtung von unsichtbaren Wertungsrichtern, die ihre Gedanken auf Verbrechen durchleuchten. Das ist Ulrich Grebs Sicht auf die Diktatur Ozeanien, die George Orwell 1948 in der Dystopie „1984“ beschrieb. 30 Jahre später hat die Realität in Grebs Inszenierung die düstere Vision von Sptzelstaaten längst auf kuriose Weise eingeholt, sogar überholt. Greb braucht die aktuellen Ereignisse nicht in den 67 Jahre alten Stoff einzuweben. „Whistleblower“ Edward Snowden, Späh-Affäre, NSA-Skandal, aber auch der alltägliche Umgang mit dem Internet, dem wir freiwillig unsere Daten anvertrauen, kommen dem Zuschauer ganz von allein in den Sinn.(…) Fazit: In Neusprech würde man sagen, das Stück war „plus gut“.
(Anja Katzke, Rheinische Post)
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Uli Greb inszeniert assoziativ in einem gespiegelten Bühnenbild, nichts entgeht dem Zuschauer, auch nicht hinter Ecken und in Nischen. Seine Schauspieler im feinen Zwirn mit Nummern hinten drauf tanzen den Reigen der Macht und bis zu einem gewissen Grad auch für die Teilhabe daran, sie kontrollieren sich nämlich gegenseitig, im Notfallkoffer liegt für den Notfall immer ein Revolver. Finale Auslese eben, dafür zuckersüß im Gleichschritt zu James-Last-Weisen, auch das vielleicht Teil der Moerser Menschheits-Folter. Eindrucksvoll dazu ein Meer aus Disco-Kugeln und die ewige Angst vor der Vergangenheit. (…) Wir stecken alle schon mittendrin.
(Peter Ortmann, trailer)
pressestimmen


Michael Kohlhaas

Michael Kohlhaas
VON HEINRICH VON KLEIST
Team
Mit:
Patrick Dollas
Szenische Einrichtung: Ulrich Greb
Musik: Hayden Chisholm | Philip Zoubek
Dramaturgie: Annika Stadler
Premiere: 15.04.2015, Studio
Fotos: Helmut Berns
Zwei Pferde verliert der Rosshändler Michael Kohlhaas durch die willkürliche Schikane eines Adligen. Nachdem Kohlhaas, „einer der rechtschaffendsten zugleich und entsetzlichsten Menschen seiner Zeit“, auf legalem Weg kein Recht erfährt und seine Frau bei dem Versuch, eine Bittschrift am Hof einzureichen tödlich verwundet wird, wandelt sich sein privater Kampf für Gerechtigkeit in einen Rachefeldzug.
Heinrich von Kleist stellt mit seiner Novelle von 1810 die immer wieder aktuelle Frage nach der Grenze zwischen Rechtsgefühl und Fanatismus, in einer Welt, die immer instabiler scheint. Denn „Michael Kohlhaas“ ist mehr, als nur das dokumentarische Porträt eines „Wutbürgers“, dessen Rechtsfall außer Kontrolle gerät. Für Kleist steht die gesamte Ordnung der Welt zur Disposition und mit ihr der Mensch, der sich in ihr nicht mehr zurechtfindet. Und so ist die Novelle zugleich eine Räubergeschichte, eine zutiefst ironische Politiksatire, ein tragisches Drama und ein Märchen voller absurder, unwahrscheinlicher und poetischer Wendungen, beherrscht von einer Sprache, die genauso unerbittlich und obsessiv, wie Kohlhaas seiner Welt begegnet, die Geschichte weiter voran treibt.
In Kooperation mit dem Improviser in Residence 2015 / avant moers
Michael Kohlhaas


Patrick Dollas nutzt das ihm gebotene Solo für ein eindrucksvolles Spiel. Er ist Erzähler, Chronist und Ermittler im Fall Michael Kohlhaas, Anwalt eines Wutbürgers, der zum Brandstifter wird, und vielleicht auch Richter, der am Ende die Akten schließen wird. (…) Diese Lesung ist ein Fest für die Freunde der Kleist’schen Sprachgewalt im Kohlhaas, sie erfordert bedingungslose Aufmerksamkeit, ist unerbittlich und obsessiv.
(Anja Katzke, Rheinische Post)
pressestimmen

Ulrich Greb setzt den Stoff in einer Mischung aus Bilderbogen-Theater und modernem Hörspiel originell in Szene. Wie ein zunehmend von der Aufklärung des Falls besessener Profiler begibt sich Schauspieler Patrick Dollas in der Rolle eines Chronisten auf die Spur des Rosshändlers Michael Kohlhaas, der durch die willkürliche Schikane eines Adeligen erst zwei Pferde verliert und – nachdem er auf legalem Wege kein Recht bekommt – am Ende zu einem mörderischen Rachefeldzug aufbricht.
(Gabi Gies, NRZ)
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Amphitryon

Amphitryon
VON HEINRICH VON KLEIST
Team
Mit:
Matthias Heße
Marissa Möller
Katja Stockhausen
Frank Wickermann
Inszenierung: Matthias Schönfeldt
Ausstattung: Birgit Angele
Dramaturgie: Nicole Nikutowski
Premiere: 23.04.2015, Schloss
Fotos: Lars Heidrich
„O mein Gemahl! Kannst du mir gütig sagen,
Warst dus, warst du es nicht? O sprich! Du warsts!“
„Ich wars. Seis wer es wolle.“
Amphitryon heißt wörtlich übersetzt „der, den es zwei Mal gibt“. Der siegreiche Feldherr Amphitryon kehrt zu seiner Frau Alkmene zurück. Was ihn zu Hause erwartet, erschüttert ihn jedoch weit mehr als die erlebten Kriegswirren: Alkmene behauptet, mit ihm noch vor wenigen Stunden eine göttliche Nacht verbracht zu haben. Doch wer immer in dieser Nacht bei ihr war – Amphitryon weiß, er war es nicht. Was er nicht weiß: Der Göttervater Jupiter selbst ist aus dem Olymp herabgestiegen, um Alkmene in der Gestalt ihres Gatten nachzustellen. Kleist treibt in seinem „Amphitryon“ von 1807 der gleichnamigen Vorlage von Molière die Gesellschaftskomödie aus und rückt den Identitätsdiebstahl ins Zentrum. Mittels der Doppelung der Figuren spielt er mit der Fragilität von Identität, im Spannungsverhältnis zwischen dem Erfüllen konventioneller gesellschaftlicher Rollen und wahrhaftiger Selbsterkenntnis – und Realisierung. Ein (Selbst-)Vertrauen und Gefühlsgewissheit auslotendes Dilemma, dem Alkmene mit ihrem berühmten „Ach!“ auf unnachahmliche Weise Ausdruck verleiht.
Amphitryon



Film ab für eine einfallsreiche Premiere: Im Stil alter Ufa-Schinken flimmert auf dem Theatervorhang der Vorspann für „Amphitryon“, präsentiert vom Schlosstheater Moers. Kino oder Theater? Gott oder Feldherr? Gattin oder Geliebte? Wer bin ich, wer will ich und wer darf ich sein – Was bleibt, ist eine tiefe Sehnsucht nach Vertrauen und Sicherheit. Einer für alle, alle für Einen: Am Ende schlüpft Matthias Hesse in aberwitzigem Tempo wie ein Irrwisch in sämtliche Rollen und treibt das Verwirrspiel endgültig auf die Spitze.
(Gabi Gies, NRZ)
pressestimmen



Schönfeldts Inszenierung kommt erfrischend modern und humorvoll daher. Sie dürfte Schulklassen mit dem Kleist'schen Klassiker versöhnen.
(Anja Katzke, Rheinische Post)
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Fabelhafte Familie Baader

Fabelhafte Familie Baader
VON CARSTEN BRANDAU
Team
Mit:
Patrick Dollas
Marissa Möller
Matthias Heße
Inszenierung & Ausstattung: Matthias Heße
Video & Animation: Matthias Heße| Kathrin Leneke | Felix Hecker
Dramaturgie: Annika Stadler
Premiere: 07.06.2015, Studio
Fotos: Helmut Berns
Sie sind jung, ehrgeizig und exzentrisch und wollen alles, was das bürgerliche Leben zu bieten hat: Kind, Karriere, Haus am See, Designermöbel und eine Affäre mit der Sekretärin. Doch was ist, wenn sich herausstellt, dass die Sekretärin ein Mann ist? Und wenn das Glücksversprechen des good old Kapitalismus im globalisierten Markt verpufft, ohne Erlösung zu bringen? Und warum hat Gudrun Baader (geb. Ensslin) so merkwürdige Träume von Sprengstoff und Elektrokabeln, wo sie doch eigentlich in ihrer Hausfrauenexistenz glücklich sein müsste?
Mit „Fabelhafte Familie Baader“ präsentiert das Schlosstheater in der Regie von Ensemblemitglied Matthias Heße eine unverschämt schräge Tragikomödie von Carsten Brandau, in der die Geschichte der RAF und die Krise der sozialen Marktwirtschaft eine unerwartete Hochzeit feiern. Denn nichts bleibt an seinem Platz, wenn die Wohlstandskinder Andreas und Gudrun Baader ausziehen, das „Schweinesystem“ zu retten. Auch dann nicht, wenn sie mit der Gnade der späten Geburt gesegnet, erst einige Jahrzehnte später in der Bundesrepublik gelandet wären.
Bei der Moerser Premiere war der Autor Carsten Brandau anwesend, der kurz zuvor mit dem Mülheimer Kinder-Stücke-Preis ausgezeichnet wurde.
Fabelhafte Familie Baader




Ernesto ist kein Revolutionär mehr, sondern der Name eines Stuhl-Modells. Und Firmenchefs werden nicht mehr von Terroristen erschossen, sondern von denjenigen, die den Kapitalismus retten wollen sollen. (...) Irgendwann stellt sich heraus, dass Andreas’ Sekretärin Carsten Brandau heißt, also seltsamer Weise wie der Autor des neuen Stücks am Moerser Schlosstheater, in dem wir uns gerade befinden: „Fabelhafte Familie Baader“. Denn Gudrun ist eine geborene Ensslin und heißt jetzt Baader. Und dass sie in früheren Zeiten RAF-Terroristen geworden wären, zieht der harmlos anlaufenden Komödie einen beunruhigenden doppelten Boden ein – ab jetzt wird sie immer aberwitziger, die Zusammenhänge undurchsichtiger und alles dreht ab in eine böse, anarchische Farce. Das liegt auch an den großartigen, ideenreichen Einfällen des Regisseurs Matthias Heße, der auch gleich eine der drei Rollen übernommen hat. Das liegt aber auch an den beiden anderen Schauspielern Patrick Dollas und Marissa Möller, die mit heftigem bis artistischem Körpereinsatz, echten Ohrfeigen und grandioser Komik arbeiten. Ein Abend, der seine gesamten 80 Minuten lang kurzweilig bleibt und das Zeug zum neuen Kult-Stück hat.
(Jens Dirksen, WAZ)
pressestimmen



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sprung in der Platte
Die Schauspielerin Marissa Möller ist seit Anfang 2014 im Ensemble und hat neben ihrem Schauspielstudium an der Folkwang Universiät Essen auch ein Musicalstudium absolviert. Im Herbst 2014 erarbeitete sie für das Theater den Chansonabend „Sprung in der Platte“. Am Klavier wird sie begleitet von ihrer einstigen Korrepetitorin und Professorin Patricia Martin.
Foto: Helmut Berns

40 Jahre Schlosstheater Moers
Im Mai 2015 richtete das Team des STM ein Geburtstagswochenende anlässlich des 40. Geburtstags des Schlosstheaters aus, das mit einem offiziellen Festakt neben ehemaligen Ensemblemitgliedern, Ex-Intendanten sowie Prominenz aus Politik und Kultur insgesamt 378 Gäste in die Festivalhalle führte und live in die Kulturnachrichten des WDR Fernsehens geschaltet wurde..
